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Jin, Jiyan, Azadi – Frau, Leben, Freiheit - Zan, Zendegi, Azadi

Der gewaltsame Tod der kurdischen Iranerin Mahsā Jîna Amīnī in Polizeigewahrsam am 16.09.2022 hat eine beispiellose Welle des Protests in allen Landesteilen Irans ausgelöst. Die Heinrich Böll-Stiftung verurteilt die Repression und das gewaltsame Vorgehen staatlicher Stellen aufs Schärfste und erklärt sich solidarisch mit den Protestierenden in Iran, die ihr Leben riskieren, um für Selbstbestimmung und Menschenrechte zu kämpfen.

Der gewaltsame Tod der kurdischen Iranerin Mahsā Jîna Amīnī in Polizeigewahrsam am 16.09.2022 hat eine beispiellose Welle des Protests in allen Landesteilen Irans ausgelöst. Mahsā Jîna Amīnī wurde von der Teheraner Sittenpolizei festgenommen, weil sie ihr Kopftuch nicht „ordnungsgemäß“ trug. Kurze Zeit später starb sie an den Folgen brutaler Polizeigewalt im Krankenhaus. Seit mehr als vier Wochen tragen die Protestierenden ihre Wut und ihre Forderungen auf die Straße. In allen Provinzen des Landes, an den Universitäten, Schulen, Arbeitsstätten und in den sozialen Medien protestieren Menschen gegen die herrschende Ordnung, allen voran Frauen und queere Menschen. Das Regime reagiert mit immer brutalerer Gewalt auf diese Proteste. Hunderte wurden bereits getötet, Tausende inhaftiert und verletzt. Es geht bei den Protesten nicht allein um die Selbstbestimmung von Frauen und queeren Menschen, sondern um die Befreiung der gesamten Gesellschaft von einem gewaltsamen, patriarchalen und autoritären Regime. Die Protestierenden fordern Rechte ein, die weit über die Gleichberechtigung der Geschlechter hinausgehen.


Wir verurteilen die Repression und das gewaltsame Vorgehen staatlicher Stellen auf Schärfste und erklären uns solidarisch mit den Protestierenden in Iran, die ihr Leben riskieren, um für Selbstbestimmung und Menschenrechte zu kämpfen. Sie kämpfen nicht nur für ihre eigenen Rechte, sondern zugleich gegen patriarchale und autoritäre Diskriminierung und Unterdrückung weltweit.


Wir erklären uns ebenso solidarisch mit den Protestierenden der iranischen Diaspora in Deutschland, die trotz Sorge um Verwandte und Freund*innen und dem Risiko von Repressionen bei Wiedereinreise kraftvoll und laut die Proteste unterstützen. Wir danken den Journalist*innen und Aktivist*innen, die ihre Expertisen mit uns teilen und nicht müde werden, die Aufmerksamkeit für diese mögliche Revolution aufrecht zu erhalten.


Deshalb möchten wir unsere Netzwerke nutzen um den Forderungen und Analysen von Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und Journalist*innen in Iran und aus der iranischen Diaspora die Bühne zu geben, die sie verdienen.


Was wir in Europa darüber hinaus jetzt konkret tun können und müssen: Abschiebungen in den Iran sollten angesichts der aktuellen Lage ausgesetzt werden. Die Situation im Land ist zu gefährlich, insbesondere für Menschen, die vor dem Regime geflohen sind oder gegen das Regime protestieren. Ebenso sollte verfolgten und gefährdeten Iraner*innen unbürokratisch eine sichere Flucht/Einreise nach Europa ermöglicht werden. Dazu gehört auch, Exil-Iraner*innen in Deutschland besser vor potentiellen Repressionen des iranischen Regimes zu schützen - Geheimdienstaktivitäten des Iran in Deutschland müssen unterbunden werden.


Die Menschenrechtsverletzungen durch das iranische Regime müssen unabhängig dokumentiert und untersucht werden. Nur so können die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen und Gewalt auf den Straßen auch langfristig zur Rechenschaft gezogen werden. Dabei sollten zugleich die personenbezogenen Sanktionen für schwere Menschenrechtsverletzungen aufrechterhalten und ausgeweitet werden, die Verantwortlichen mit Einreisesperren belegt und ihre Vermögen in Europa eingefroren werden.

Und nicht zuletzt müssen wir uns einer Instrumentalisierung der Ereignisse für abwegige innenpolitische Debatten entgegenstellen: Rechte und konservative Stimmen in Deutschland sprechen teilweise von sog. „Kopftuch-Protesten“ und versuchen, die feministischen Proteste für ihre islamfeindlichen Positionen zu nutzen. Dieser antifeministischen Vereinnahmung stellen wir uns klar entgegen.


Jan Philipp Albrecht und Imme Scholz

Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung




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