Das neue „Hijab- und Keuschheitsgesetz“ der Islamischen Republik Iran wurde am 27. Juli veröffentlicht. Demnach erwarten Frauen, die sich nicht an die gesetzlichen Kleidervorschriften halten, unterschiedliche Strafen. Das Gesetz regelt auch die Geschlechtertrennung in Universitäten, Verwaltungs- und Bildungszentren, Parks, Krankenhäusern und an touristischen Orten betont.
Das aus 69 Artikeln bestehende Gesetz wurde vom Justiz- und Rechtsausschuss des Parlaments bereits genehmigt. Der Ausschuss beauftragt die Polizei, das Geheimdienstministerium sowie die Geheimdienste der Revolutionsgarde und der Polizei. Im Iran existieren mindestens 15 Geheimdienste, die zum Teil bei der Inhaftierung von unliebsamen Bürger*innen miteinander konkurrieren. Auch die paramilitärischen Basidj und die aus religiösen Eiferern bestehende staatliche Organisation „Gutes gebieten und Schlechtes verwehren“ (امر به معروف نهی از منکر) dürfen für die Durchsetzung des Gesetzes tätig werden.
Nach dem neuen Hijab-Gesetz werden Frauen, die über ihre Bekleidung selbst bestimmen wollen, mit Geld- und Gefängnisstrafen, bei Wiederholungen mit bis zu 10 Jahren Haft bestraft. Artikel 43 besagt, dass eine Frau mit „Ruhm oder sozialem Einfluss im virtuellen oder realen Raum“, die sich weigert, den Hijab zu tragen, zusätzlich zu einem Bußgeld von bis zu zehn Prozent ihres Gesamtvermögens, zum Ausschluss von ihrer beruflichen Tätigkeit für sechs Monate bis fünf Jahre sowie zu einem Ausreiseverbot für zwei Jahre und einem Verbot von Aktivitäten im Cyberspace für sechs Monate bis zwei Jahre verurteilt werden kann.
Laut Artikel 54 macht sich jede Frau, die beim Führen eines Kraftfahrzeugs das Kopftuch ablegt oder „schlechte Kleidung“ trägt, strafbar und wird beim ersten Mal mit einem Bußgeld von 500.000 Toman (etwa zehn Euro) „wegen Verkehrsbehinderung“ bestraft. Das Bußgeld befreit die Person nicht von anderen Arten der Bestrafung.
Für die Bestrafung von Studentinnen ist dem Gesetz zufolge die so genannte „Disziplinarkommission“ der Bildungszentren zuständig. Studentinnen, die dreimal „schlechte“ – also etwa enge oder auffällige – Kleidung tragen oder den Hijab ablegen, werden beim vierten Mal vom Studium ausgeschlossen.
Geschäftstreibende werden verpflichtet, ihre Kundinnen auf die Einhaltung des Hijabs hinzuweisen. Tun sie das nicht, drohen ihnen Geldstrafen und nach Ermessen des Richters ein Ausreiseverbot für sechs Monate bis zwei Jahre.
Auch die öffentliche „Beleidigung“ des Hijabs und die Werbung für die freie Kleiderwahl von Frauen werden unter Strafe gestellt.
Nach dem umstrittenen Gesetz ist das Tragen von „unanständiger Kleidung“ auch für Männer verboten. Bei ihnen gilt beispielsweise das Tragen einer kurzen oder knielangen Hose als Straftat.
Der neue Entwurf des Hijab-Gesetzes hat selbst unter Islamisten viele Kritiker*innen. Die Hardliner*innen bewerten ihn als „nicht effektiv genug“, die gemäßigten Kräfte innerhalb des Regimes glauben, die Bestrafung von Frauen, die ihre Kleidung selbst auswählen möchten, werde nicht zum erwünschten Erfolg bei der Zwangsverschleierung führen. Seit über einem Jahr begegnet man im Iran vermehrt unverschleierten Frauen. Viele bekannte Künstler*innen und Film- und Theaterschaffende sind in den vergangenen Monaten ohne Kopftuch aufgetreten. Manchen von ihnen wird derzeit der Prozess gemacht, einige dürfen ihren Beruf nicht mehr ausüben. Bisher haben sie sich dennoch nicht einschüchtern lassen.
Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des IranJournal
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