Am 9. Mai protestierten wieder Lehrer und Lehrerinnen im Iran für ihre Rechte und für bessere Bildung. Der Koordinierungsrat der Lehrergewerkschaft hatte für den 9. Mai zu Kundgebungen vor dem Parlamentsgebäude in Teheran und vor den Bildungsbehörden im ganzen Land aufgerufen. Der Rat veröffentlichte eine Liste von Forderungen, darunter die Bereitstellung von qualitativ hochwertiger Bildung und Sicherheit in den Schulen „insbesondere für weibliche Schülerinnen“ sowie die „bedingungslose Freilassung aller inhaftierten Aktivisten von Lehrergewerkschaften“.
In einigen Bildungseinrichtungen wurden Sicherheitskräfte eingesetzt, um die Versammlungen zu verhindern. In einigen Städten gab es auch Berichte über Internetausfälle und Störungen. Die Sicherheitskräfte der Islamischen Republik lösten eine Protestkundgebung in der kurdischen Stadt Sanandaj gewaltsam auf. Auf einem Video war zu sehen, wie Sicherheitsbeamte der Bildungsbehörde in der Stadt Hamadan im zentralen Iran protestierende Lehrer*innen daran hinderten, das Gebäude der Behörde zu betreten. Daraufhin hielten die Demonstrant*innen ihre Kundgebung auf der Straße ab.
In den Städten Shush, Shahor und Karkheh in der südwestiranischen Provinz Khuzestan versammelten sich Lehrer*innen vor den Bildungsbehörden. Ein Lehrer sagte in seiner Rede, dass die Kundgebung darauf abziele, inhaftierte Lehrkräfte zu verteidigen und die Forderungen der Lehrergewerkschaft durchzusetzen. In den sozialen Medien verbreitete Videos zeigten ähnliche Proteste in Ahvaz, Harsin und Arak.
In Mashhad nahmen die Sicherheitskräfte die Lehrerin Ateke Rajabi fest, nachdem sie ihr Haus verlassen hatte, um an einer Protestkundgebung von Lehrer*innen in der nordöstlichen Stadt teilzunehmen. Berichten zufolge hatte Rajabi in den vergangenen Tagen Drohungen erhalten. Sie wurde im vergangenen Jahr entlassen, nachdem sie sich nach dem Ausbruch der landesweiten Proteste im September 2022 geweigert hatte, zum Unterricht zu gehen, und Videos veröffentlicht hatte, in denen sie die Behandlung von Schüler*innen und Lehrer*innen durch die Regierung kritisierte.
Der Aufruf zu landesweiten Protesten iranischer Lehrer und Lehrer*innen wurde von anderen Aktivist*innen und Gewerkschaftsorganisationen begrüßt. Zamimeh, eine Kampagne, die sich für die Beseitigung der Geschlechterdiskriminierung in den iranischen Schulbüchern einsetzt, unterstützte den Aufruf auf ihrem Twitter-Account und erklärte, das Recht der Kinder auf sichere Bildung sei ein „grundlegendes Menschenrecht.“
Mit Blick auf die Proteste seit September heißt es in der Abschlusserklärung der heutigen Lehrerproteste: „Was bei den jüngsten sozialen Aufständen in Schulen und auf den Straßen zu sehen war, war das völlige Scheitern eines Modells, das versucht, seine unrealistischen Ideale im Bildungssystem zu verwirklichen, und dabei die tiefgreifenden Veränderungen im Bereich der sozialen Realitäten ignoriert.“
Bei den Protesten, die sich zuerst gegen die Hijab-Pflicht und inzwischen gegen das ganze System richten, gehörten Schüler und Schüler*innen zu den aktivsten Gruppen. Seit November 2022 wurden Hunderte von Mädchenschulen im ganzen Iran Ziel von Giftanschlägen, die Amnesty International als „eine Kampagne, die in hohem Maße koordiniert und organisiert zu sein scheint“ bezeichnet.
Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung vom IranJournal
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